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ESPI on site: Witze und Narren auf der TYPO Berlin

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web-5-530x353Foto: Gerhard Kassner

Daniel van der Velden, Mitbegründer des Amsterdamer Studios „Metahaven“, betitelt seinen Vortrag auf der TYPO mit „Meme, Witze und Narren – Politisches Design in bewegten Zeiten“ und zeigt und erklärt uns hier Auszüge aus dem neuen Metahaven-Buch „Black Transparency“.

Schnörkellos und ohne dramatische Begrüßungsfloskeln beginnt Daniel van der Velden. Sein Vortragsstil ähnelt dem Erzählen einer Novelle. Ganz „understatement“-mäßig liest er lange Textpassagen von sehr undesignten PowerPoint-Folien ab. Der „economic status of graphic design“ hat sich nach van der Veldens Ansicht in den letzten Jahren sehr verändert, und er fragt hier: „Where is that going?“. Witze werden gerade in Zeiten von sozialer, medialer Verbundenheit wichtig und beeinflussen andere, so van der Velden – Designer können Komödianten sein, denn der Designer-Beruf stehe unter einem hohen Druck: „The profession under permant .jpg compression.“ Hier hört man trotz des komplexen Themas und der konzentrationsbedürftigen Vortragsweise die ersten Lacher. 

Doch van der Velden kritisiert die junge Designer-Generation. Anstatt sich zu engagieren und sich kritisch mit den Veränderungen der Design-Profession und der politischen Landschaft auseinanderzusetzen, „ they put their efforts and values to Abu Dabi, Russia and Brazil. They brew lattés and dress as hipsters. (…) We are posting pictures of us and our food on tumblr and do drawings on our latté and hope that people follow.” Talente und Bemühungen werden laut van der Velden für reine Geldmacherei und Selbstdarstellung verschwendet. Trotz der Kritik an der auch im Publikum zahlreich vertretenden Designer-Riege schmunzeln viele bei den gezeigten Bildern von künstlerisch verzierten Kaffeegetränken.

Van der Velden macht deutlich, dass ihm diese Entwicklung der Gesellschaft nicht zusagt und appelliert an das Publikum, sich an der „Cyber-Revolte“ zu beteiligen und „to refuse to make and drink lattés.“ Er betont, dass auch schon vor dem Arabischen Frühling das politische Interesse der Bevölkerung stark über das Netz ausgedrückt wurde. „Code is the new printing press“ findet Velden und mag damit auf die vor allem in den USA geführten Wahlkämpfe eingehen, die vorwiegend online und über soziale Netzwerke geführt werden. Denn solange die Autoritäten das Netz für ihre Zwecke nutzen, wird es nicht kritisiert.

Kommt jedoch der Aktivismus aus der breiten Masse, wird er zur Bedrohung: „Activism is a terrorist threat“ sagt van der Velden und zeigt das Beispiel der Occupy-Bewegung in London. Das Camp dort wurde geräumt. Die Menschen, die sich für die Bewegung aussprachen, stehen unter Beobachtung. Van der Velden findet aber, oder trotzdem, dass wir mehr Witze, udn zwar politische Witze, über die Netzwerke machen sollten. Warum? „Jokes are low budget, we all have excess to them. Jokes are an open source and a weapon of the public. But we unlearned how to make jokes about the people who rules us.” Die Kultur des Hofnarren (der kritisieren darf) ist verloren gegangen. In früheren Zeiten stellten sich die Könige und Fürsten extra Hofnarren an, die als einzige ehrlich und vor allem ungestraft Witze über die politische Führung machen durften – und damit Volk und Führung amüsierten.

In unserer heutigen Zeit sei jetzt der einzige Protest, so van der Velden weiter, Bilder von lustigen, niedlichen Katzen (sogenannte LOL cats) mit der „Impact“ zu beschriften und diese Bildchen zu teilen. Die Impact feiert hierbei ihren Erfolg als Schrift: „(…) not beautiful but standart is the Impact a core font oft the web and a free Microsoft font. We all know this is rational understatement but we like and share it.“ 

Abschließend erklärt Daniel van der Velden das politische Grafikdesign für tot. Seine Ausführungen regen zum Nachdenken an, der Vortrag erforderte von den Zuhörern allerdings auch eine Menge Konzentration (vor allem wegen der vielen Zitate), war anspruchsvoll und amüsant.