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Gut für den User: 3 Fragen an Matthias Flucke

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Die letzten „3 Fragen“ 2013 gehen an einen Sprayer – halt: einen „Sprüher“ aus dem Osten, der jetzt Praktikant bei Edenspiekermann ist. Aber nicht mehr lange.

Was man so alles erfährt von den Kollegen. Jeder ein Universum für sich. Hier kommt Matthias: Abitur auf einem katholischen Gymnasium in Thüringen, freiwilliges kulturelles Jahr an einer Kunstschule für Kinder in Erfurt. Dort gibt er Kurse für die Kleinen, macht Graffiti mit den Großen – die ihn „voll akzeptierten“, weil er nur wenig älter ist.

Matthias entstammt der Graffiti-Szene „einer kleinen Stadt“, „auch mit Aufträgen“. Während seines ersten Studiums (Marketing und Kommunikation) arbeitet er in der Werbeabteilung eines sehr speziellen Autohauses: ein Mittelständler (30 Leute), der Ersatzteile für VW-Oldtimer herstellt, vertreibt und sie höchstpersönlich von stillgelegten Werken in Brasilien und Südafrika abholt – Matthias war auch schon dabei. Aber jetzt ist er in Berlin und studiert Kommunikationsdesign an der HTW Schönweide: „Da im Studium ist dann auch der letzte Groschen gefallen – jepp, das ist der Bereich wo ich hingehöre und mich zugehörig fühle.“

Und wie dann zu ESPI? Durch unsere Leute: Christian Hanke hat an der HTW einen Kurs gegeben zu Buchgestaltung und Layout, Markus Kirsch unsere Agentur dort vorgestellt. Unser Name fiel dann auch ständig, als Matthias in die Berliner Design-Szene eintauchte, „durch eure Projekte, durch Erik, und weil unsere Dozenten den Fokus auf die Praxis legen“. So war es dann auch bei der Agenturvorstellung. Er sei mit Markus ins Gespräch gekommen, der habe ihn dann eingeladen hierher – „er meinte, ich könnte mir das einfach noch mal anschauen. Und dann habe ich mich noch mit Julia unterhalten, und das war’s. Dann ging’s los“.

So auch der offizielle Teil unseres Interviews:

1. Matthias, du hast uns bei Brainfood dieses wunderbare Wie-kaufe-und-bewahre-ich-meine-Lebensmittel-gut-auf-Packaging-Projekt vorgestellt. Ist Nachhaltigkeit etwas grundsätzlich Wichtiges im Design – oder ein Gestaltungsaspekt unter vielen?

„So eine ähnliche Frage hatte ich schon mal. Ich finde einfach, es durchdringt den gesamten Bereich. Weil man als Designer dafür verantwortlich ist, wie eine Sache nach außen dringt. Natürlich kann es nicht bei jedem Projekt im Vordergrund stehen, aber dass es immer mitschwingt, oder dass man es, wenn es geht, berücksichtigt und mit transportiert“

1b. Was meinst du mit „die Frage hatte ich so ähnlich schon mal“? Und wie hieß das Projekt richtig?

„Es hieß ,Kampagne zum bewussten Umgang mit Lebensmitteln‘, in der Unterzeile, und war die Semesterarbeit von einer Kommilitonin und mir, im 4. Semester. Der Claim war ,Bewusst wie‘. Als wir es an der HTW vorgestellt hatten, kam Nadine Roßa von Design made in Germany auf mich zu und hat mich gefragt, ob sie darüber berichten darf. Und nach dem Bericht auf Design made in Germany kam noch eine Hamburger Agentur. Bei denen war ich dann auch, und hab mir paar Hamburger Agenturen angeschaut. Und dann gab es noch ein Interview in einem Fachmagazin, ,Der Packreport‘.“ (Hammername.)

2. Warum dann ESPI und nicht Hamburg? Wäre sowieso meine zweite Frage gewesen: Was gefällt dir am besten hier?

„Das deckt sich halt einfach. Tatsächlich hakt es genau da an, dass das Konzept im Vordergrund steht. Dass nicht gleich der Stift, sondern erst der Post-it in die Hand genommen wird. Dass man erst mal das Briefing genau anschaut und überlegt, was ist gut für den User. Was ist gut für den Auftraggeber und den Kunden des Auftraggebers. Ich finde, das ist hier das Entscheidende. Wenn man so über die Arbeit an sich spricht.“

Er macht die Matthias-typische Nachdenkenspause und spielt mit den Stiften in seinen Händen. Um dann genau so ruhig fortzufahren.

„Und in meinem speziellen Fall jetzt als Praktikant, dass man halt sofort in die Prozesse einsteigen kann.“

„Und ich glaube, was auch noch sehr spannend ist: dass man sich hier auf einer Ebene begegnet. Hier spricht man ja gar nicht darüber, aber neben mir sitzt dann halt einfach Robert (Robert Stulle, ESPI-Partner) oder Steven (Steven Cook, ESPI-Partner) oder Lena (Magdalena Dannecker, Praktikantin), oder du als Texterin, und wir sprechen dann alle zusammen über zum Beispiel ein Leitbild und so weiter.“

Er schaut, als ob er noch etwas sagen wolle. Will er? Ich bin eigentlich hochzufrieden und sage das auch – „Na dann…“ – wir prusten los.

„Nee, mir fällt jetzt nichts Großes mehr ein. Es sind oftmals so Randnotizen, die es so angenehmen machen.“

3. Matthias, dann eine schwere Frage: Was findest du denn vielleicht nicht so toll hier?

„Angesichts der Uhrzeit denke ich jetzt schon wieder darüber nach, wo man denn mittags bitteschön hingehen kann zum Essen… tja…“ (Blick aus dem Fenster) „… und sonst… mmmh…“ (Stifte drehen) „… da hab ich dann tatsächlich sonst nichts. Nee, sorry.“ Na dann…!

Was er mag, wenn er nicht im Büro ist: „Verreisen.“ Er mag „andere Länder anschauen, andere Kulturformen. Wie da gelebt wird. Und sei es jetzt, ob man mit den Augen des Designers schaut oder einfach so. Einfach so losfahren, irgendwohin, Auto mieten und los. Rumschauen, was für Leuten man begegnet, was für Situationen sich ergeben.“

„Und ich würde gern mal wieder sprühen. Aber allein während des Studiums bin ich selten dazu gekommen.“

Das wird wohl auch nichts werden in absehbarer Zeit. Ab Januar ist Matthias kein Praktikant mehr, sondern freier Mitarbeiter bei Edenspiekermann. Und im Sommer macht er noch seinen Abschluss an der HTW. Wir gehen mal hoffnungsfroh davon aus, dass er auch dann nicht nach Hamburg abhaut.

Lieben Dank, Matthias!

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Foto: privat